Buchtipps zum Jahresende 2024 – work in progress – wird noch ergänzt…

Wie jedes Jahr gilt: Bestellt gern frühzeitig – und checkt unbedingt die Sendungsverfolgung in der Versand-Mail ganz unten, damit Eure Bestellung nicht bei der Nachbarin oder im Kiosk verschimmelt.

Aktuell gibt es leider Unregelmäßigkeiten im Weihnachtsgeschäft des Buchhandels – vermutlich können wir nicht alles rechtzeitig liefern und leider leider sind auch viele tolle Bücher von kleinen und linken Verlagen bei uns nicht erhältlich… In einem solchen Fall bestellt entweder direkt beim Verlag oder / und kauft auch im lokalen unabhängigen Buchladen vor Ort.


Sachbuchtipps für das Jahr 2024


  • Wir beginnen mit dem 1. Titel: „Einzeltäter? Rechtsterroristische Akteure in der alten Bundesrepublik“ (Wallstein-Verlag) vom Historiker Darius Muschiol – eine wichtige Studie über die historischen Ursprünge des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik. Wir denken: lesenswert für die Einordnung der aktuellen Lage, zum Verständnis von Radikalisierungsprozessen und über die Gefährlichkeit der ‚Einzeltäter‘-These
  • In der Biographie „Wie ein junger Anwalt Tausende Juden rettete. Die abenteuerliche Geschichte des Willy Perl“ erzählt der Österreicher Robert Lackner, wie der Anwalt Willy Perl Ende der 30er Jahre unter lebensgefährlichen Umständen tausenden Juden und Jüdinnen aus Wien zur Flucht ins britische Mandatsgebiet Palästina verhalf. Für diese mutige Fluchthilfe aktivierte er Schmuggler, Schleuser und kriminelle Milieus – heute fliehen Menschen unter ähnlich desaströsen Bedingungen über das Mittelmeer in anderer Richtung. Ein lohnender, flott geschriebener Rückblick über Flucht und Exil vor dem NS-Terror, hrsg. bei Kremayr & Scheriau.
  • Die aktuelle Lage in Nahost ist weiterhin erschütternd und Anlass für politische Debatten, Demonstrationen und Aktionen – aber leider auch für viele harte innerlinke Auseinandersetzungen… – besonders gut auskennen tun sich vermutlich weniger, als es die laustarken Streits oft vermuten lassen… Darum halten wir „Die Linke in Palästina. Eine Einführung“ (Mandelbaum-Verlag) vom Politikwissenschaftler Thomas Schmidinger für einen wichtigen Beitrag. Er schaut zurück bis in die 20er Jahre und auf eine jüdisch-arabische kommunistische Partei, auf die palästinensiche Diaspora, aber auch auf die Entzweiungen und Konflikte – und leider auch auf viele Niederlagen und eine Art Bunkermentalität unter der Herrschaft der islamistischen Hamas.
  • Tatjana Tönsmeyer hat im Rahmen eines großen internationalen Forschungsprojekt Quellen gesammelt, wie es sich gelebt hat Unter deutscher Besatzung. Europa 1939-1945″ (Beck). Sie beschreibt in vielfältigen Aspekten und konkret, wie Alltag unter deutscher Besatzung aussah, zwischen Anpassung und Widerstand, brutaler Unterdrückung und Kollaboration. Dabei gelingt ein Blick auf Details, wie z.B. die Unterkapitel „Nein-Sagen“, „Kinos und Kneipen“, „Witze und patriotische Kleidung“ zeigen. Massaker an Zivilbevölkerung, Hunger und Zwangsarbeit – aber auch größere und kleinere widerständige Handlungen werden dokumentiert. Wir denken: ein wichtiges Buch für Linke, um sich auch diesen etwas weniger bekannten Seiten der deutschen Vergangenheit zu vergegenwärtigen.
  • Eisernes Schweigen. Das Attentat meines Vaters. Eine deutsche Familiengeschichte“ von Traudl Bünger haben wir hier ausführlich besprochen.

Linke Bücher gegen rechts


Linke Politik und Gesellschaftskritik…


  • Bücher aus und für die Bewegung gibt’s immer wieder beim linken Verlag Assoziation A. Wir mögen und empfehlen zum Verschenken und Selberhaben das prima Plaktebuch „DRUCKMACHEN. Linke Plakate in Thüringen seit 1990“ – sowohl ein Rückblick in linke Politik in Thüringen nach der Wende, aber auch schickes Anschauungsmaterial für linkes Layout. Es gibt dazu auch eine Online-Ausstellung: https://druckmachen.arranca.de/ (und noch eine kleine Werbung am Rande: digitalisiert wurden die Plakate vom Kollektivbetrieb BiblioCopy, mit dem wir von Links-Lesen.de unser Gehalt erwirtschaften 😉
  • Als gutes feministisches Sachbuch empfehlen wir: „Toxische Weiblichkeit„. Vor allem anhand von Selbstbeobachtung analysiert Sophia Fritz fünf Typen weiblicher Sozialisierung: Das gute Mädchen, die Powerfrau, die Mutti, das Opfer und die Bitch. Sie fasst die toxische Weiblichkeit als „Performance einer Unterordnung“, eine Notlösung, mit der Frauen aber doch vor allem sich selbst und einander gegenseitig schaden (Hanser Berlin).
  • El Salvador hat seit 2010 ein „Sondergesetz für ein gewaltfreies Leben der Frauen“, in welchem unter Artikel 45 der „Femizid“ verortet ist. Und in Deutschland? Das zweite Buch von Christina Clemm Gegen Frauenhass gibt einen wichtigen Einblick, wie in deutschen Gerichten Recht gesprochen wird, ein Blick auf die gesamtgesellschaftliche Situation von Frauen und Transpersonen. Zeilen, die erschüttern, traurig und gleichzeitig wütend machen. Ein Buch, das herausfordert, aktivistisch zu handeln. Die beschriebenen Einzelschicksale im Buch sollten nicht unabänderlich bleiben… Unbedingt lesen! (Hanser)

Literatur, Romane, Biographien



  • Im italienischen Roman „Die zerbrechliche Zeit“ von Donatella di Pietrantonio geht es um Mutter-Tochter-Beziehungen und um Gewalt, über die nicht oder nicht gut gesprochen werden kann. All das spielt in einer klaustrophoben, männerdominierten Provinz, in der sich Frauen behaupten (müssen). Die Autorin ist erklärte Gegnerin von Meloni und mit vielen anderen linken italienischen Autor*innen politisch aktiv gegen den antifeministischen Rollback (Verlag Antje Kunstmann)
  • Ein ostdeutscher Roman, der aber viel mehr verhandelt als „den Osten“: „Die schönste Version„. Ruth-Maria Thomas schreibt über die späten Nullerjahre in der Lausitz, über Freundinnenschaft, erste Liebe, den Umgang mit dem Körper und über Gewalt (Rowohlt)
  • Das Blutbuchvon Kim de l’Horizon (2022 bei Dumont-Verlag) ist queere Autofiktion. Erzählform und Sprache wechseln ständig, manchmal sind diese schnellen Schnitte anstrengend, aber Handlung und Schreibweise wirken immer in sich stimmig. Die nichtbinäre Erzählfigur forscht nach den Frauenbiografien im eigenen Stammbaum und beschäftigt sich mit transgenerationalen Traumata. Dabei ringt sie in ihrer Gegenwart mit der eigenen Identität und, auch in vielen erotischen Passagen, mit der eigenen Körperwahrnehmung
  • Als wir von den Kirschen sangen. Die Barcelona-Trilogie“ der linken Autorin Montserrat Roig ist ein politischer Roman über Barcelona/Katalonien am Ende der Franco-Zeit. Es ist die Zeit der brutalen Hinrichtung des Anarchisten Salvador Puig Antich mit der Garotte 1974 – aber auch die der Ausläufer des Mai ’68, den die Protagonistin in Paris erlebt hat. Zurück in Barcelona trifft sie auf ihre großbürgerliche Familiengeschichte, auf versoffene Tanten und Macho-Typen und den zerbrechenden Franquismus (Verlag Antje Kunstmann).
  • Dschinns“ von Fatma Aydemir: Gerade als Hüseyin nach 30 Jahren in Deutschland in die Wohnung einziehen will, die er für sich und seine Familie in Istanbul gekauft hat, stirbt er an einem Herzinfarkt. Seine Frau und die mehr oder weniger erwachsenen Kinder treffen sich für das Begräbnis in Istanbul. Es entsteht ein mitreißender, Jahrzehnte umspannender Familienroman, erzählt aus sechs Perspektiven, in dem Fragen von Identität, Herkunft, Geschlecht, Rassismus und Klassismus aufs engste verwoben sind, fast wie im echten Leben… Ein intensives Leseerlebnis und ein wilder Ritt, kein Gute-Laune-Buch, aber trotz der fast 400 Seiten zu schnell vorbei (dtv-Verlag).

Graphic Novels


  • Ich zähle auf Euch!“ – diese Aufforderung veröffentlichte die frühere Résistance-Kämpferin  und ehemalige Kriegsreporterin Madeleine Riffaud noch mit 99 Jahren auf ihrem Facebook-Account, um zusammen gegen die extreme Rechte vorzugehen. Im Comic „Madeleine, die Widerständige“ wird ihr Leben als Widerstandskämpferin gegen die Nazis geehrt, die im November 2024 mit 100 Jahren verstarb (avant-Verlag)

 Krimis

  • Der Krimi-Roman Erdling  von Emma Braslavsky ist eine Reise durch die deutsche Ideengeschichte. Eine Instagram-Detektivin macht sich auf die Suche nach der, mutmaßlich von Aliens entführten, Sahra Wagenknecht. Dabei gerät ihre eigene Realität ins Schlingern und sie reist durch Klassiker der deutschen Science-Fiction-Literatur, und dabei auch durch die deutsche Geschichte vom Kaiserreich bis in die Nazizeit. Dabei stellt der Roman viele Grundsatzfragen über das Links-Sein in Deutschland (Suhrkamp).

 Bücher zum Verschenken oder selber Lesen


Kinderbücher

  • Zu unseren Buchempfehlungen gehören natürlich auch tolle Kinderbücher, z.B. von Judith Allert, gezeichnet von Simona Ceccarelli: „RISOTTOSTRASSE 7“ – das ist ein lustiges Vorlesebuch über eine liebevolle, bunt gemischte Hausgemeinschaft mit vielfältigen Familienmodellen und Wohnformen, einem Buchladen, einem Gemeinschaftsgarten und einem niedlichen Minischwein – für Kinder ab 4, erschienen bei Carlsen.